Vision String Quartet: Interview bei Distillerie Studer & Co AG

Zwei traditionelle Handwerke treffen aufeinander: Interview mit dem Vision String Quartet

Das Berliner Vision String Quartet gehört zu den vielversprechendsten Ensembles der Musikwelt. Mit ihrer Mischung aus bekannten Stücken und Eigenkompositionen begeistern Florian Willeitner, Daniel Stoll, Sander Stuart und Leonard Disselhorst mittlerweile ein weltweites Publikum. Wir haben die vier passionierten Musiker in unsere Distillerie eingeladen.

Nachfolgend finden Sie die Kurzfassung des Interviews. Die ausführliche Version finden Sie hier.

Ihr macht Kammermusik. Für die Laien unter uns: Könnt ihr kurz erklären, was das genau ist?

Vision String Quartet: Wie der Name schon suggeriert, kommt der Begriff davon, dass man früher in kleiner Besetzung in einer Art Wohnzimmeratmosphäre gespielt hat. Die Besetzung startet bei einem Duo und geht hoch bis zum Nonett oder noch grösseren kammermusikalischen Besetzungen. Stilbildend ist auf jeden Fall das Miteinander mehrerer solistischer Stimmen.

Ihr spielt also vorwiegend in kleinen Räumen vor überschaubarem Publikum?

Nein, so ist das heutzutage nicht mehr. Ja, der Ursprung hat die Kammermusik in kleinen Räumen. Heutzutage ist die Akustik von Konzertsälen aber so gut, dass wir auch problemlos vor einem Publikum mit 2000 Leuten spielen können.

Mit eurem Album «Spectrum» habt ihr Eigenkompositionen vorgestellt, mit denen ihr eigene, moderne Wege geht. Seid ihr da in der klassischen Musikszene nicht auf Gegenwind gestossen?

Die klassische Musikszene ist sicher nicht bekannt für ihr progressives Verhalten. Allerdings ist das erst seit heute so. Früher waren die Leute der Kammermusik die Pioniere. Die haben immer neue Sachen ausprobiert, waren experimentierfreudig. Das war damals so eine Art Popmusik. Mit unseren Eigenkompositionen versuchen wir das wieder etwas aufzubrechen. Wir wollen zeigen, dass Klassik nicht diese 200 Jahre alte, angestaubte Musik ist, sondern, dass man auch neues schreiben kann – auf den klassischen Instrumenten.

Ihr spielt alle auswendig. Besteht da nicht das Risiko, dass ihr einmal alle rausfliegt?

Das ist uns noch nie passiert und wird es auch nicht. Irgendjemand kann das Stück immer retten. Es ist ein steter musikalischer Austausch untereinander. Fällst du raus, findest du anhand der anderen Stimmen wieder zurück. Klar, das ist schon unangenehm, weil du dann für den Rest des Stückes unter Adrenalin stehst und hoffst, dass dir das nicht noch einmal passiert. Aber wir sehen das mittlerweile auch nicht mehr so eng. Selbst wenn sich jemand verspielt – solange das Gesamtbild stimmt, verzeiht einem das Publikum vieles.

Bei unseren Bränden ist es ja das Gleiche – das Gesamtbild muss stimmen. Seht ihr da Parallelen?

Da sehen wir einige Gemeinsamkeiten. Klassik und eure Brände sind beides Handwerke, die nach traditionellen Methoden hergestellt werden. Wenn du ein neues Instrument hast, weisst du manchmal erst nach Jahren, ob es etwas taugt. Du kannst ein neues Instrument haben und nach fünf Jahren merkst du, das bricht komplett ein, der Klang ist weg. Gleichzeitig steigt der Wert guter Streichinstrumente mit jedem Jahr und je weniger davon vorhanden sind.

Bei der Kammermusik selbst ist es nicht anders. Wir huldigen den alten Meistern und auch ihr habt eure traditionellen Brände, aber wir versuchen beide unsere modernen, eigenen Noten dazuzugeben.

Das Ziel ist also bei Musik als auch beim Distillieren das Gleiche?

Das kann man so sagen. Beides hat mit Emotionen und Genuss zu tun. Du hörst ja nicht einfach Musik, weil du jetzt Musik konsumieren möchtest. Du hörst sie, weil du etwas geniessen willst, berührt werden möchtest. Das ist bei Alkohol nicht anders.

Ihr habt vorhin bei der Führung unter anderem live miterleben dürfen, wie ein Gin entsteht. Das Mischen von verschiedenen Kräutern für den perfekten Geschmack ist auch eine Art komponieren. Habt ihr euch darin ein wenig wiederfinden können?

Das Ausprobieren verschiedener Kombinationen, um etwas Neues zu kreieren, wie ihr das tut, findet sich auch in unserem Schaffen wieder. Es gibt die Harmonielehren, mit denen wir gross geworden sind, also die westlichen. In anderen Ländern sieht das aber anders aus. Wenn wir beispielsweise mit einem indischen Pianisten zusammenarbeiten würden, hätte der ein ganz anderes Harmonieverständnis. Da mischen wir manchmal auch Sachen zusammen und versuchen so einen Mehrwert zu erzeugen.

Wenn wir eure Musik destillieren und in eine Flasche abfüllen würden, was hätten wir am Schluss in der Hand?

Der sich in Planung befindende Vision Gin. (Gelächter).

Vielen Dank für dieses spannende Gespräch und euren Besuch in der Distillerie Studer – und bis zum nächsten Mal.

Vision String Quartet

Das Vision String Quartet wurde 2012 gegründet und hat sich innerhalb kürzester Zeit in der internationalen Streichquartett-Szene etabliert. Der Tagesspiegel bezeichnet es als "eines der vielversprechendsten Nachwuchs-Quartette, das Handwerk und Hingabe intensiv miteinander vereint.“

Das Vision String Quartet erscheint mit freundlicher Genehmigung von Warner Classics.

Mehr Musik vom Vision String Quartet finden Sie hier oder folgen Sie dem Quartet auf Instagram.

die nächsten Konzerte in der Schweiz:

– 23. Juni um 20:00 Uhr im Rahmen des Lavaux Classic Festivals in Cully
– 25. Juni um 19:30 Uhr; Schloss Lenzburg