Befreundete Betriebe

Hotel Kemmeriboden-Bad

Wer weit weg von allem ein Hotel mit Gasthof erfolgreich betreiben will, muss ein bisschen mehr liefern. Reto und Alexandra Invernizzi tun genau das.

Ein Hotel mit Landgasthof ist ein Haus, in dem man übernachten sowie sich verpflegen kann. Und das auf dem Land liegt. So kann man es beschreiben. Man kann auch sagen, Xherdan Shaqiri sei ein Fussballspieler und Michelle Hunziker ein Mami – das ist auch nicht falsch, wenn auch nicht die ganze Story. Weil so nur die Fakten vermittelt werden, nicht aber die Geschichte erzählt wird.

Das Hotel und der Landgasthof Kemmeriboden-Bad liegen ebendort. Mit anderen Worten: Wo angehende Gastronomen und Hoteliers in der Fachschule lernen, sich nicht niederzulassen – zu weit weg von Gästen, Lieferanten und Gourmetjournalisten. Man kann es aber auch anders ausdrücken. Das Kemmeriboden-Bad, auch «Bedli» genannt, liegt zwischen den Ausläufern des Hohgant und der Schrattenfluh-Kette mit dem Schibengütsch. Oder, falls man wie die meisten Menschen nicht aus der Gegend kommt, im Herzen des Emmentals.

Und es liegt vor allem dort, wo das Zuhause der Familie Invernizzi – Reto, seine Frau Alexandra, geborene Wyttenbach, und die beiden kleinen Töchter Lynn und Annina – ist. Der Koch und Hotelier mit Meisterprüfung sowie die Tourismusfachfrau führen den Betrieb. Als Vertreter der sechsten Generation – Retos Ur-Ur-Ur-Grossvater Christian Gerber übernahm das «Bedli» 1843.

Reto und Alexandra sind gute Hoteliers und Wirtsleute. Wenn man sich von ihnen durch den Betrieb führen und, zum Beispiel, die wertigen Boxspringbetten, auf denen die Gäste nächtigen, zeigen lässt, ist man beeindruckt vom Aufwand, den die jungen Besitzer treiben, damit man sich in ihren Haus wohlfühlt. Gleiches gilt, wenn man im Restaurant einkehrt und zum Beispiel im schicken Bedlisaal vom feinen Essen und dem guten Wein – darunter Spezialabfüllungen nur für das «Bedli» – probiert.

Doch wenn man den Geschichten der beiden zuhört, kommt man ins Träumen. Und möchte gar nicht mehr abreisen. Oder wenigstens Stammgast werden. Sommers zum Beispiel kann man im Stroh übernachten, das heisst im «Stroh Deluxe», auf der ehemaligen Heubühne zwar, mit allem Komfort von heute aber. Und winters wird der Garten zum Igludorf, Restaurant und Schlafstätte on the rocks, auf Eis, inbegriffen.

Bei allem Respekt vor dem Einsatz und der Leistung der Invernizzi – die ersten mit Einfallsreichtum plus der Kraft, den Ideen Taten folgen zu lassen, sind sie nicht in dieser Ecke der Schweiz: Schon 1939, zu einer finsteren Zeit in Europa also, kurz bevor der zweite Weltkrieg begann, fanden Retos Vorfahren eine süsse Lösung für ein drängendes Problem: Was tun mit der vielen Nidle, dem Rahm, den der Landwirtschaftsbetrieb lieferte und den man nicht lagern konnte? Zusammen mit dem lokalen Bäcker «auf dem Stein» erfanden sie ein Dessertgebäck, das zwar herrlich schmeckt, aber so trocken ist, dass man dazu viel Nidle will – die Kemmeriboden-Bad-Merängge war gebacken.
Nicht ganz so lange her ist es, dass Ivano und Käthi Friedli-Studer, die Besitzer und Geschäftsführer der Distillerie Studer im nahen Escholzmatt, einen ähnlich guten Einfall hatten: Das Paar, das bereits zahlreiche Preise gewann für seine Spezialitätenbrände, entwickelte ein Rezept für einen Merängge-Likör.

«Wie schmeckt eine flüssige Merängge?»

Keine leichte Aufgabe – «wie schmeckt eine flüssige Merängge?», fragt Ivano Friedli – doch das Ergebnis, das man nur im Laden, der zum Kemmeriboden-Bad gehört, kaufen kann, überzeugt.

Liegt’s am Wasser der Emme oder an der frischen Emmentaler Luft? Oder muss man einfach ein bisschen mehr bieten, wenn man zuhinterst im abgelegenen Tal, pardon, im Herzen des Emmentals ein Restaurant mit Hotel betreibt? Egal, man braucht die Antwort nicht zu kennen. Man kann einfach ins Kemmeriboden-Bad fahren – und die Gastfreundschaft und das Angebot der Familie Invernizzi geniessen.